Regionalstadtbahn

Regionalstadtbahn - wie ein 6er im Lotto?

Am 22.07.2021 fand in der Unterjesinger Mehrzweckhalle die vom Bürgerverein Unterjesingen organisierte und unter Corona-Regeln durchgeführte Informationsveranstaltung zur Regional-stadtbahn und deren Auswirkungen auf Unterjesingen statt. Dass das Interesse in der Bürgerschaft groß ist, zeigte sich schon daran, dass alle 50 zulässigen Sitzplätze lange vor Beginn der Veranstaltung gebucht waren.


Der Bürgerverein konnte als Moderatorin Frau Stephanie Uhlig gewinnen, die eloquent durch die Veranstaltung führte. Nach der Begrüßung durch den 1. Vorsitzenden Roland Hechler ging es dann auch gleich los: Vorstellung des Forums und Worterteilung an Herrn Thomma, Projektverantwortlicher beim Regional-verband NALDO.


Er betonte die Notwendigkeit einer umsteigefreien Verbindung in einer Region mit ca. 70.000 Einwohnern, bei steigenden Pendlerzahlen und einer suboptimalen Anbindung des Klinikums und Waldhäuser Ost durch die bisherige Regionalbahn mit Anschlussverbindung durch Stadtbusse. Herr Thomma sicherte einen 15-Minuten-Takt von Entringen nach Tübingen und zurück zu - erreicht durch zweigleisige Begegnungsabschnitte zur Minimierung von Verspätungen.

Von bisher unzufriedenen Nutzern der Ammertalbahn darauf angesprochen, welcher Betreiber denn dann die zukünftige Regionalbahn auf der Strecke Herrenberg-Tübingen bedient, verwies Herr Thomma auf die DB-Regio. Das führte bei den Anwesenden zu spontanen Unmutsäußerungen: „DB-Regio kann stand heute nicht einmal den aktuellen 30-Minuten-Takt gewährleisten, wie soll dann ein 15-Minuten-Takt realistisch sein?“ Durch neue Züge und größere Personalressourcen, so die Hoffnung von Herrn Thomma, sollten diese Missstände behoben werden. Nachdem der 15-Minuten-Takt für beide Fahrtrichtungen gelten soll, bedeutet das für Unterjesingen alle 7,5 Minuten eine Zugbewegung .


Als Vertreter der Bürgerinitiative „Nein zur Stadtbahn“ erläuterten Thomas Helle und Reinhard von Brunn, dass die innerstädtische Konzeption schon 30 Jahre alt sei. Die Kosten hierfür sollen sich auf ca. 300 Mio € belaufen, ohne Auslagerungskosten für Univer-sitätsgebäude und sonstige erforderliche Dämmkosten, die zum Lärmschutz der Anwohner bei einer Frequenz von 3,75 Minu-ten/Zug auch dringend erforderlich sein werden. Der jährliche Anteil für die Stadt Tübingen am Betriebskostendefizit beläuft sich, ausgehend von den vorgenannten 300 Mio €, auf 6,3 Mio €.

Kritisiert wurde, dass die Planung davon ausgeht, dass bei einer engeren Taktung der Regionalbahn zwangsläufig mehr Pendler auf die Bahn umsteigen und sich dadurch der Individualverkehr reduziert. Dies könnte sich auch ins Gegenteil verkehren, da erfahrungsgemäß eine verstärkte Ansiedlung in der näheren Umgebung von guter Infrastruktur auftrete, so Herr von Brunn.


Von Herrn Walter Heim, Tübinger Bündnis InnenStadtStrecke (TüBISS) wurde die Regionalstadtbahn verteidigt, er sprach von der Erfolgsgeschichte der Ammertalbahn. Diese endete aller-dings 2015 und steht seitdem bei den potenziellen Nutzern stark in der Kritik. Unterjesingen, so Heim, sei der Gewinner der Innenstadtstrecke, es dürfe nicht vergessen werden, dass durch den Einsatz von Straßenbahn- statt Eisenbahnzügen die meisten  Probleme der Ammertalbahn gelöst werden könnten.


Christoph Joachim vom Verein Pro RegioStadtbahn e.V. wies darauf hin, dass die Beförderungskapazität durch größere Züge und eine engere Taktung ganz erheblich gesteigert werde. Mehr Stadtbahnzüge bedeuteten weniger Verkehrsbelastung durch Stadtbusse bei erhöhter Beförderungsleistung. Darauf ange-sprochen, dass bei einer Zugfrequenz von 7,5 Minuten/Zug Unterjesingen von Rottenburg und Ammerbuch abgeschnitten werde (die Bahnübergänge Pfäffingen und Rottenburger Strasse in Unterjesingen wären fast dauerblockiert), wurde darauf verwiesen, dass es möglich sein müsste, die Schließzeiten der Bahnschranken auf eine Minute zu reduzieren, um so einen Rückstau des Individualverkehrs zu reduzieren. Die Stadtbahn sei, so Joachim, „wie ein 6er im Lotto für Unterjesingen“.

(Fotos: Bürgerverein Unterjesingen)

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